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Kindergeld für volljährige Kinder, Vorsicht neue Regelungen!

Änderungen 2012 Kindergeld AusbildungNicht alles, was einfacher wird (oder besser werden sollte), ist schlussendlich auch einfacher und besser, dies dürfte zumindest den Beziehern von Kindergeld die Selbiges für in der Berufsausbildung befindliche volljährige Kinder erhalten, bald klar werden. Denn hier hat sich 2012 einiges geändert, so kann es durchaus passieren das sich zwar an Ihren Verhältnissen nichts geändert hat aber aufgrund der Neuregelung das Kindergeld für das bereits volljährige Kind wegfällt.

Zwar entfallen nun sowohl die Einkommensgrenze wie auch die komplizierte und umfangreiche Berechnung der Einkünfte und Bezüge für volljährige Kinder, allerdings ist Vorsicht geboten, denn wer erwartet, dass die neue Regelung einfacher oder sogar gerechter ist, der könnte sich hier durchaus auf dem Holzweg befinden.

Auch wenn auf den ersten Blick alles recht unkompliziert aussieht, verbergen sich die Tücken im Detail. Auch nach der Neuregelung bekommen Eltern für ein volljähriges Kind nur in dem Fall Kindergeld, wenn sich dieses zum Beispiel in einer Ausbildung befindet, noch einen Ausbildungsplatz sucht, in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten ist oder ein anderer Berücksichtigungsgrund vorliegt.

Wie hoch das Einkommen Ihres Kindes ist, ist nicht mehr ausschlaggebend. Auch die Höhe des Vermögens Ihres Kindes spielt keine Rolle. Liegt ein Berücksichtigungsgrund vor, stehen Ihnen das Kindergeld und die steuerlichen Vergünstigungen für Kinder zu.

Bis 2011 war es noch nicht relevant, ob sich das Kind in der ersten Berufsausbildung befindet oder bereits eine zweite Berufsausbildung absolviert; die Regeln zur Einkommensgrenze waren in beiden Fällen gleich. Ab 2012 wird sehr genau zwischen erster und zweiter Berufsausbildung unterschieden – mit teils unerwarteten Folgen.

Achtung: Wenn sich Ihr Kind in seiner zweiten Berufsausbildung befindet (z.B. Studium nach einer Lehre), beachten Sie bitte ganz besonders den zweiten und den dritten Stolperstein! Denn hier müssen Sie gut aufpassen, damit Ihnen das Kindergeld nicht verloren geht.

Erster Stolperstein: erste oder zweite Berufsausbildung?
Ob Ihr Kind während der Berufsausbildung arbeitet (z.B. neben dem Studium jobbt) und wie viel es dabei verdient, spielt keine Rolle mehr – allerdings nur während der ersten Berufsausbildung. Und wann befindet sich das Kind noch in der ersten Berufsausbildung? Solange die Ausbildung noch nicht durch eine Prüfung abgeschlossen ist. Ein paar Einzelfälle, die die Problematik verdeutlichen:

Ausbildung zum Rettungssanitäter: Wurde diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, liegt eine erstmalige Berufsausbildung vor.

Beispiel:
Andreas möchte später als Rechtsanwalt arbeiten und deshalb Jura studieren. Vor Aufnahme des Studiums absolviert er ein freiwilliges soziales Jahr und lässt sich währenddessen zum Rettungssanitäter ausbilden. Mit Abschluss der Prüfung zum Rettungssanitäter hat Andreas bereits seine erste Berufsausbildung abgeschlossen. Das Studium ist für ihn die zweite Berufsausbildung.

Bachelor-Studium: Mit erfolgreichem Abschluss ist die erste Berufsausbildung beendet. Das Master-Studium ist eine weitere Ausbildung.

Wichtig: Wenn die erste Berufsausbildung abgeschlossen ist, geht das Kindergeld nicht automatisch verloren. Erst wenn Ihr Kind eine schädliche Erwerbstätigkeit ausübt oder zu viel arbeitet, steht das Kindergeld auf dem Spiel (vgl. zweiter und dritter Stolperstein).

Will die Familienkasse das Kindergeld nach Abschluss der ersten Berufsausbildung streichen? Legen Sie dar, warum Sie für Ihr Kind weiterhin Kindergeld bekommen müssen (z.B. weil es neben der zweiten Berufsausbildung nicht arbeitet oder nur einen Mini-Job ausübt). Ein Formular für diesen Fall gibt es noch nicht. Es empfiehlt sich daher ein formloses Anschreiben, in dem Sie Ihren Fall möglichst genau schildern.

Zweiter Stolperstein: schädliche Erwerbstätigkeit
Absolviert Ihr Kind eine weitere Berufsausbildung, wird genauer hingeschaut: Das Kind darf dann nicht mehr als 20 Stunden pro Woche erwerbstätig sein oder nur einen Mini-Job ausüben. Ein Ausbildungsdienstverhältnis ist ebenfalls unschädlich.

Und was heißt Erwerbstätigkeit? Dazu zählen nichtselbstständige Arbeit, Land- und Forstwirtschaft, gewerbliche Tätigkeit, selbstständige Tätigkeit. Etwas fies und ungerecht erscheint nach der neuen Regelung, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung sowie Verpachtung nicht als Erwerbstätigkeit gelten. Hier ist dazu ein kleines Beispiel:

Die 21-jährige Sabine hat im Juni 2011 ihre Lehre erfolgreich abgeschlossen. Ihr Ausbildungsbetrieb hat sie übernommen, sie arbeitet dort seitdem in Vollzeit. Seit 1.3.2012 hat sie mit einem Fernstudium begonnen. Ihr Freund, der 22-jährige Mark, der ebenfalls eine Lehre erfolgreich abgeschlossen hat, studiert ebenfalls seit 1.3.2012 an der Fernuniversität. Er muss nicht arbeiten gehen. Denn er hat von seiner vermögenden Familie genügend Vermögen übertragen bekommen. Er erzielt mehr Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung als Sabine an Bruttoarbeitslohn erhält.

Sabine und Mark sind beide seit 1.3.2012 dem Grunde nach als Kind in Ausbildung zu berücksichtigen. Die Familienkasse wird für Sabine jedoch kein Kindergeld zahlen. Denn sie hat ihre erste Berufsausbildung abgeschlossen und darf daher während ihrer weiteren Ausbildung keiner schädlichen Erwerbstätigkeit nachgehen.

Bei Mark sieht dies anders aus. Seine Eltern erhalten das Kindergeld. Denn er arbeitet nicht. Seine hohen Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung sind nicht schädlich.

Dritter Stolperstein: 20-Stunden-Grenze
Nach dem Gesetz ist eine Erwerbstätigkeit bis zu einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden unschädlich. Hierbei ist nach Auffassung der Verwaltung die mit Ihrem Kind vertraglich vereinbarte Arbeitszeit entscheidend.

Die Finanzverwaltung akzeptiert bei einer nichtselbstständigen Tätigkeit eine Ausweitung der Beschäftigung auf über 20 Stunden pro Woche für eine vorübergehende Zeit von höchstens zwei Monaten. Arbeitet Ihr Kind zum Beispiel während des Studiums wöchentlich 15 Stunden und in den Semesterferien Vollzeit, ist das zunächst kein grundsätzliches Problem. Ob es im Schnitt die 20-Stunden-Grenze einhält, muss aber wieder kompliziert berechnet werden.

Vierter Stolperstein: die Finanzverwaltung
Das BMF-Schreiben vom 7.12.2011 will eigentlich zur Klärung von Zweifelsfragen beitragen, verstößt jedoch gleichzeitig gegen den Gesetzeswortlaut.

In § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG heißt es: Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums wird ein Kind … nur berücksichtigt, wenn …

Nach dem Gesetzeswortlaut steht Ihnen für Ihr studierendes Kind auch dann noch ohne weitere Voraussetzungen das Kindergeld zu, wenn es bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung in Form einer nichtakademischen Berufsausbildung oder eines anderen abgeschlossenen Studiums vorweisen kann!

Die Verwaltung will dies nicht gelten lassen. Sie liest das und als oder! Neben dem BMF hat sich auch das Bundeszentralamt entsprechend geäußert. Hat ein Kind eine Berufsausbildung erfolgreich absolviert, sollen Sie das Kindergeld nur noch dann erhalten, wenn Ihr Kind keiner schädlichen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Die Auffassung der Verwaltung hat ihre Ursache in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Tatsächlich war zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens ein oder geplant. Dies wurde im Laufe des Verfahrens durch ein und ersetzt, um das Gesetz an die Regeln für Aus- und Fortbildungskosten anzugleichen. Die Verwaltung übersieht aber, dass diese Regeln durch ein anderes Gesetz zwischenzeitlich verändert wurden!

Fazit: Der Streit um das Kindergeld ist hier schon vorprogrammiert, sehr viele Einzelfragen werden in Zukunft die Gerichte sicherlich gut beschäftigen. Die Abschaffung der Einkommensgrenze kam mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 und wird von vielen tatsächlich als Vereinfachung gefeiert. Aber Vorsicht!

QUELLE: steuertipps.de

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