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Erbschaftsteuer: Wie sind die Anteile an einem offenen Immobilienfonds zu bewerten?

© apops - Fotolia.comWenn Anteile an einem offenen Immobilienfonds vererbt werden, muss zum Zwecke der Erbschaftsbesteuerung deren Wert ermittelt werden. Das Finanzgericht Hessen (FG Hessen, Urteil vom 16. Februar 2016, Az.: 1 K 1161/15) musste sich nun mit der Frage auseinandersetzen, wie der Wert der Anteile an einen offenen Immobilienfonds zu bestimmen ist, wenn bei dem Fonds aufgrund fehlender Liquidität die Rücknahme der Anteilscheine zeitweise ausgesetzt wurde.

Rücknahme der Anteilscheine wurde ausgesetzt

In dem hier verhandelten Verfahren stritten die Parteien darüber, ob bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer Anteilscheine an einen offenen Immobilienfonds, deren Rücknahme gemäß § 81 InvG ausgesetzt ist, mit dem niedrigeren Kurswert oder dem höheren Rücknahmepreis zu bewerten sind. Die Klägerin in dem vorliegenden Fall war Alleinerbin ihrer im Januar 2012 verstorbenen Freundin. Zu dem Nachlass gehörten auch Anteilscheine an einem offenen Immobilienfonds. Das Fondsmanagement hatte die Rücknahme der Anteilscheine an diesem Immobilienfonds im Mai 2010 für zwei Jahre ausgesetzt.

Bei bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer legte das Finanzamt den Rücknahmepreis der Anteilscheine zugrunde. Dagegen wehrte sich die Klägerin mit der Begründung, dass der Rücknahmepreis aufgrund der Aussetzung der Rücknahme der Anteilscheine nicht mehr zu realisieren gewesen sei, so dass bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer der niedrigere Börsenwert zugrunde gelegt werden muss. Nach erfolglosem Einspruch zog die Erbin vor Gericht und hatte mit ihrer Klage auch Erfolg.

Bewertung der Anteile mit dem Kurswert statt dem Rücknahmepreis

Das Finanzgericht Hessen gab der Klage statt. Das Gericht entschied, dass bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer die Anteilscheine entgegen der Ansicht des Finanzamts nicht mit dem Rücknahmepreis nach § 11 Abs. 4 BewG, sondern mit dem Kurswert nach § 11 Abs. 1 BewG zu bewerten sind. Dazu führten die Richter aus, dass die fehlende Möglichkeit, die Anteilscheine zum Rücknahmepreis zu liquidieren, einen Preis beeinflussenden Umstand im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG darstelle. Außerdem sei die Option, die Anteile an der Börse zu verkaufen, keine gleichwertige Alternative für die gesetzlich geregelte Möglichkeit, die Anteile zu einem vorab festgeschriebenen Rücknahmepreis an die Fondsgesellschaft zurückzugeben.

Deshalb sei es im Zuge der Gesetzesauslegung in dem vorliegenden Fall sachgerecht, bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer eine Bewertung der im Freiverkehr gehandelten Anteilscheine mit ihrem Kurs zum Besteuerungszeitpunkt durchzuführen, erklärten die Richter. Folglich ist der zum Besteuerungszeitpunkt unstrittige Börsenkurs zugrunde zu legen. Da das Finanzgericht Hessen mit seinem Urteil von der Rechtsprechung des Finanzgerichts Münster (FG Münster, Urteil vom 15. Januar 2015, Az.: 3 K 1997/14 Erb) in einem ähnlich gelagerten Fall abgewichen ist, wurde eine Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Bildnachweis: © apops – Fotolia.com

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